Ausflug in die Geschichte Dithmarschens – Der Geschlechterfriedhof Lunden
Grabplatten auf dem Friedhof der Kirche in Lunden (Foto: www.nordseetourismus.de)Rund 10 Kilometer von Tönning entfernt liegt im Nachbarkreis von Nordfriesland der Ort Lunden. Hier im nördlichen Dithmarschen finden wir Zeugnisse, die in die Zeit der „Dithmarscher Bauernrepublik" (1447 – 1559) führen. Damals war Dithmarschen unabhängig von fremder Herrschaft. Die Region war de facto ein eigenständiger Staat, der von dem „Rat der 48" regiert wurde. Dieser bestand aus 48 überwiegend wohlhabenden Bauern und Anführern von Familiensippen, den sogenannten „Geschlechtern".
Die St.-Laurentius-Kirche und der Lundener Geschlechterfriedhof (Claus-Harms-Straße 10, 25774 Lunden) mit den 66 historischen Grabsteinen, Stelen und Familiengrüften erlauben einen Blick in die Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts. Wie auch die „sprechenden" Grabsteine auf den nordfriesischen Inseln u.a. vom Reichtum der Walfänger berichten, werden hier Geschichten vom Leben und Wohlstand der einstigen Dithmarscher Bauerngeschlechter erzählt.
Die Grabplatten und Stelen wiegen bis zu zwei Tonnen. Geöffnet und verschlossen wurden die Platten bei Beerdigungen mit Pferden. Auf fast allen Steinen sind in den Ecken die Symbole Engel und Löwe, Stier und Adler abgebildet, die für die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes stehen. Zentral ist stets ein Engel zu sehen, der das Familienwappen trägt. Dieser repräsentiert die Auferstehung.
Der Gang über den Friedhof führt auch zu Hügeln, unter denen sich Grabkeller befinden. 13 dieser Grüfte sind bis heute erhalten. Einer dieser beklemmenden Keller ist öffentlich zugänglich. Eine Treppe führt hinab zur Grabkammer, die aus zwei Räumen besteht. Ein Raum ist abgetrennt durch ein Gitter, hier wurden die Särge entweder auf Ziegelreihen oder auf eiserne Gestelle aufgestellt. Die Grüfte wurden aus Ziegeln errichtet und haben in der Regel zwei Luftschächte.
Erwähnenswert ist auch ein Gedenkstein, der Peter Swyn gewidmet ist. Er war Mitglied des „Rates der 48" und setzte sich für die Abkehr von der katholischen Kirche hin zur Kirche der Reformation ein. Andere Dithmarscher Geschlechter fürchteten die sich daraus ergebenen notwendigen Änderungen im Rechtswesen (Abschaffung des Fehderechtes und Reformierung der Eideshilfe) und die Auflösung des Geschlechterbundbriefes, was mit einem erheblichen Machtverlust einhergehen würde. Um das zu verhindern, haben Auftragsmörder Peter Swyn bei einem Ausritt aufgelauert, ihn vom Pferd gerissen und erschlagen. Die Mörder sind später gefasst und bestraft worden.
Auf dem Gedenkstein ist die Szene seiner Ermordung dargestellt. Auf der Vorderseite steht in gotischen Minuskeln geschrieben: „Im Jahre des Herrn 1537 am Abend Marien Himmelfahrt ist hier erbarmlich zu Tode gebrocht der hochlöbliche Peter Swyn alt gewesen 57 Jahr". Und auf der Rückseite: „Auch wahr ist verräterisch ermordet der ehrbare Peter Swyn dem Gott der Herr gnädig will sein. Er ist diesem Lande so ratsam Treu gewesen also bei vielen Herren, Städten und Landen auserlesen die Freiheit dieses Landes so frei zu bewahren, dabei Leib und Leben nicht geschont. Der ein guter Dithmarscher ist der beruft sich dieses Mordes.- Das ist gewiß".
Die Gruft und die Kirche sind täglich von 9.00 bis 17.00 Uhr in der Zeit von Ostern bis zum Erntedankfest geöffnet. Der Geschlechterfriedhof ist ganzjährig geöffnet. Durch sein Wegesystem wird der Besucher von Grabstelle zu Grabstelle geführt. Kleine Infotafeln informieren an den wichtigsten Stellen die Besucher. In einem Info-Pavillon erfährt man mehr zum Geschlechterfriedhof und zur Bauernrepublik Dithmarschen. Mögliche Führungen können über das Kirchenbüro (Fon 04882-360) erfragt werden. Weitere Informationen gibt es auch auf der Homepage www.kirchengemeinde-lunden.de.